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3 MINUTEN – Fallout mit Katze und Gesang

spartenübergreifende Annäherung, produziert von MindTheGap (Susi Claus) feat. Rike Schuberty

Ländliches Idyll. Ein kleines Haus. Zwei Menschen.

Sie sitzen beim Essen. Sie hören Nachrichten. Sie gehen schlafen und stehen wieder auf. 

Der Ernstfall. Das Davor. Das Danach. Zwei Menschen, ganz auf sich gestellt. Zwischen Schock und Verdrängung, ohnmächtig inmitten des politischen Weltgeschehens. 

„Dies ist kein Witz. Sie haben noch 3 Minuten. Bleiben Sie im Haus. Schließen Sie Fenster und Türen. Legen Sie sich auf den Boden. Sagen Sie ihren Liebsten, dass sie sie lieben.“

Wie schnell rücken Zustände, die lange anachronistisch schienen, wieder in den Vordergrund. Wir versuchen, dem Schrecken dieser Zeit zu begegnen. „3 Minuten“ ist ein spartenübergreifender Abend über den nuklearen Ernstfall. Mit Puppen, mit Hörspiel, mit Livemusik und Videokunst. 

Die Katze tanzt. Miau.

Produktion & Spiel: Susi Claus (MindTheGap)

Livemusik & Spiel: Rike Schuberty

Regie: Tilla Kratochwil

Puppen, Bühne & Kostüm: Judith Mähler

Projektion: Florian Sebald & Yuna Fleig/PFA Studios Berlin

Hörspiel: Anouschka Trocker

Regieassistenz: Nina John

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR/Prozeßförderung und mit freundlicher Unterstützung durch das Theaterhaus Berlin Mitte und das T-Werk Potsdam

Unser herzlicher Danke geht an: Jürgen Bonk,(Sprecher Stimme Mann), Benno Lehmann (Audio Aufnahmen), Max Bauer (Workshop Geräusche), und in weiteren kleinen Sprecherrollen: Oscar Olivo, Johannes Benecke, Thomas Fedrowitz, Nellerike de Voogd, Qian Tan Gao, This Maag, Agnieszka Lipiec-Wróblewska, Enikő Mária Szász, Ernst-Frieder Kratochwil, Heidi und Martin Jagdhuhn, Helga Rosenberg

PREMIERE 28./29. April 2023 T-Werk Potsdam

WEITERE TERMINE

PRESSE

Gänzlich unvorbereitet war ich Besucher dieses Abends.

Dass ich mir damit einen künstlerisch sublimierten Atombombenabwurf angetan hatte war jenseits aller Erwartungen – und ich weiß auch gar nicht, ob vorherige Kenntnis davon gut gewesen wäre. Die Formulierung „Das war ein wirklich gelungener Abend.“ Zeigt, wie unbeholfen und unangemessen Sprache angesichts einer totalen Katastrophe sein kann.

Der Mut des Produktions- und Regieteams und der Puppenspielerinnen Susi Claus und Rike Schuberty sich diesem Thema gestellt zu haben aus gegenwärtiger Sorge kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Zu groß sind die künstlerischen Gefahren apokalyptischen Kitsch abzuliefern oder meinungsstark was auch immer zu verkünden.

Der Plot ist wunderbar einfach und spartanisch. Wir sehen ein Bus-Roadmovie über Land hin zu einem wirklich netten Häuschen mit Garten. Und der Bus ist auch sympathisch. Ein Ehepaar wird über Nachrichtensendungen über ein nahendes Ende aller Gespräche der Großen informiert – und das ist sehr lustig gemacht. Ein älteres Ehepaar macht sich Sorgen und bereitet sich mit Hilfe des DDR- Handbuches über Atomschlag-Überlebenstechniken auf den Schlag vor. Die Hauskatze gibt sich allerlei Unfug hin – sehr agil und a bissel absurd.

Dann der Bombenabwurf und das athmosphärische Dröhnen, die Strahlenlichtspiele und der wunderschöne Fallout. Die Katze – eben noch spaßig – nässt sich ein vor Angst. Was für ein Realismus! Die Katze stirbt und wird entsorgt. Die Alten überleben… verdursten dann.

Ende des Stückes.

Wir sind getroffen. Und spenden mehr als artig anerkennend Beifall.

So ist das mit der Kunst.

Die Spielerinnen feuern eine ganze Breitseite an künstlerischen Mitteln ab, unterstützt durch erheblichen technischen Aufwand für Sounds und Bilder. Dabei wird Technisches und auch Puppenführung nie unsichtbar – wir sehen also ein künstlerisches Laborangebot zum Atomschlag.

Die Erzählung wird mehrmals bewusst gebrochen. Mit versiertem Gesang über weichen Gitarrenslides: Friedensbewegungskanon und Punky Soul. Mit Kommentaren um Spiel mit gelungener und misslingender Einfühlung. (Ja. Glotzt nicht so!)

Und ach – die Puppen. Das alte Ehepaar. So menschlich, so das Vergebliche unseres Tuns tonlos zeigend. Und die Katze – wie frisch aus der Schleuder. Passt. 

Der ganze Abend ist ernst und ernsthaft. Lebensfreude, Überlebenswillen, Witz und Spiellust geben den steigernden Kontrast zum Denken des atomaren Endes.

Bravo Bravo.“

Berlin, 1.5.2023, Mathias Kleinschmidt/Köpenicker Allgemeine.   

Zur Premiere im T-Werk Potsdam, 28./29. April 2023

„KEIN PUPPENTANZ, SONDERN RELEVANZ: …

… Abgesehen davon, dass Homunculus selbstverständlich auch ein Programm für Kinder und Familien anzubieten hat und dass der Wunsch des Publikums nach Zerstreuung nicht ausgeklammert bleibt, brachte die künstlerische Leiterin Susi Claus ihre Intentionen mit einer eigenen Produktion auf den Punkt. Nach der österreichischen Erstaufführung des Stücks „3 Minuten – Fallout mit Katze“ stand fest, dass gutes Figurentheater zutiefst berührend sein kann, dass es uns das Gefühl kindlicher Freude sowie die Entwicklung von Empathie vermittelt und dass es uns mit den harten Tatsachen des Lebens bzw. der Zeit konfrontiert.

„Brauchen H2O“- Exakte Analysen über die Höhe der Schwelle zum Einsatz von Atomwaffen kann kein Friedensforscher liefern. Wenn in den Nachrichten von unüberwindbaren Differenzen der Mächtigen berichtet wird, wechseln Susi Claus und ihre Bühnenpartnerin Rike Schuberty somit nicht ins Sci-Fi-Genre. In einer ländlichen Idylle, in der ein älteres Ehepaar mit seiner Katze den Alltag sympathisch-schrullig abspult, wirkt die Liste mit den Dingen, die man für den Fall der Fälle bereitzuhalten hat, absurd. Schließlich bleiben genau noch drei Minuten, um sich auf eine Situation einzustellen, die im Grunde nicht vorstellbar ist. Ihre Aktionen auf einer Bühne kommentierend, die den Zuschauern verschiedene Blickperspektiven bietet, mit ironischen Brechungen, für die ihnen die Katze zur Hilfe kommt, als Spielende und Puppenspielende nähern sich Susi Claus und Rike Schuberty der Extremsituation. „3 Minuten – Fallout mit Katze“ ist gruselig, aber kein Horrorkino. Das entschleunigte Spiel, Fragen, die bewusst offen bleiben und der subtile Humor wirken nach. „Brauchen H2O“ wird an die Scheibe gekritzelt, hinter der sich die beiden verschanzen. Eindrücklich, aber frei von Pathos nach der Zerstörung unserer Lebensgrundlage zu fragen – auch das ist Homunculus.“

zur Österreichpremiere beim HOMUNCULUS Figurentheaterfestival 2023,

Mai 17, 2023 Christa Dietrich, www.dietrichkultur.com

Fernsehbericht zur Österreichpremiere auf dem HOMUNCULUS Figurentheaterfetival Hohenems im ORF, Regionales | Vorarlberg heute:

„…Puppentheater zum Nachdenken- ein Stück über den nuklearen Ernstfall: Solche Bilder kennt man im Löwensaal eigentlich nicht, Feuerwehrmänner in Schutzmontur, die nach der Aufführung eine Dekontamination simulieren. Doch der Albtraum Atombombenabwurf fand zum Glück nur im Theater statt… Beschaulich, viele würden auch langweilig sagen, ist das Leben eines alten Ehepaars vor dem Punkt 0…. Trotz aller Tragik kommen weder die Poesie, noch der Humor zu kurz. Diese unwiderstehlichen Mischung schätzen die jungen und alten Humunculus- Besucher Jahr für Jahr.“

ZUSCHAUERSTIMMEN

„Eindrucksvoll, überraschend, witzig, ernst und dramatisch. Mit einfachen Mitteln super Effekte, tolle Bühnenpräsenz und großartige Puppen. 

Die 3 Minuten nach dem Abwurf sind nur schlecht auszuhalten. Meine Lieblingsfiguren: der schrullige Mann und natürlich die Katze (Sie darf doch nicht sterben!!! Alleine schon um die Kakerlaken und Ratten in Grenzen zu halten.) Sehens- und empfehlenswert.“

Michael S.

„Das muss man ja auch erstmal alles verdauen! Ein Bus und sein sichtbares Einatmen waren ein wunderbar freundlicher Einstieg ins später genug schwere Stück. Überhaupt gab es zum Glück auch hier und da was zu schmunzeln, was sehr half und dabei blieb einem das Lachen trotzdem nicht im Halse stecken.

3 min können sehr kurz sein… Traurig, dass Euer Stück so aktuell ist. Leider muss sich da tatsächlich bald was tun in den Köppen, bevor man weiter an andere Probleme wie Klima&Co gehen kann. Genau richtig kurz fand ich das Sterben am Ende, man weiß, worauf es hinausläuft. Die Steigerung bis zum echten Rausschreien tat sowas von gut. Die Leute, die für das ganze Neuaufbrühen von Atomängsten verantwortlich sind und dran verdienen, möchte man selber in Grund und Boden brüllen.

Also: Schönes Stück, trauriges Thema, wichtig gegen das Vergessen. Danke für Eure ganze Arbeit!“

Ulf G.

„Eure Inszenierung hat mir total gut gefallen! Und hat mich sehr berührt und beschäftigt.“

Johanna E.

„Verbeugung!!! Ich bin tief beeindruckt, erschüttert und betroffen. Habe mich in der Frau wiedergesehen…habe Hunger, Durst und muss die Kinder anrufen. 

Brauchte erstmal Stille um zu verarbeiten. 

Hartes Thema mit sehr viel Kunst . 

Ein wertvolles Stück . 

Danke 🙏“

Tina K.

„Puppentheater über die nukleare Gefahr? Geht das? Und ob! Und es ist alles dabei. Manchmal ist es spannend und es stockt einem der Atem.

Wenn es altermäßg passt, erinnert man sich an die 1980er Jahre und die Angst die einen als Jugendlichen umgetrieben hat, dass es einen Atomkrieg geben könnte. Leider wieder sehr aktuell. Es ist tatsächlich auch lustig – ja kaum zu glauben – auch mit diesem ernsten Thema, kann man das Publikum verzaubern und Achtung es folgen keine Schimpfworte: kurzweilig unterhalten.

Die musikalischen Intermezzi verbinden die Handlung akustisch perfekt. Es tönt, säuselt, pfeift, brummt, meckert, singt und schnurrt ganz wunderbar. Optisch und ästhetisch ist es eine wahre Freude. Die Gesichter der beiden Puppen sind so eindrucksvoll,  wie gute Schauspieler und die Katze ist der Knaller – struppig – ruppig – einzig. Das Bühnenbild ist reduziert, dabei schnell und genial einfach wandelbar. Licht und Geräusche tun ein übriges und schaffen eine atmosphärische Insel. Hätte ich ein geweisstes Fenster, würde ich bravo und da capo schreiben! So kann ich nur sagen toll – und vielen Dank.“

Michaela K.

„Ich fand die Inszenierung sehr beeindruckend und bedrückend. In aller Ruhe erzählt und dabei so dicht, dass ich keine Sekunde aus der Spannung entlassen wurde.
Ich habe mich auch an meine Schulzeit erinnert, in der wir amerikanische Filme über Schutzmaßnahmen bei einem atomaren Angriff geguckt haben. Sehr eingängig war dabei der fröhliche Titelsong „Duck and cover“, zu dem man sich mit einem Buch über dem Kopf unter den Tisch legen sollte. Dieses Nebeneinander von Banalität, Verdrängung und absoluter Katastrophe hat mich auch bei der Inszenierung so geflasht und betroffen gemacht, weil es unsere Hilfslosigkeit in so einer grotesken Situatution so überdeutlich zeigt und die Sprachlosigkeit, die daraus folgt. Gerade deswegen hat mir gut gefallen, dass die Inszenierung auch die Frage stellt, in welcher Form wir künstlerisch mit so einer Bedrohung umgehen können. Um vielleicht nicht einfach nur weiterzumachen wie bisher. Aber andererseits, was sonst..?“

Dorothee C.


„Die Inszenierung hat mich in meine DDR-Schulzeit zurückversetzt und mich an die Übungen erinnert, die wir in Prevention auf einen atomaren Angriff machen mussten. V. a. erinnere ich mich an die Nylonstrumpfhosen, in die wir mehrere Lagen Klopapier reinlegen mussten, um sie uns dann als Masken vor Mund und Nase zu binden. Den Ängsten, die das damals bei mir ausgelöst hat, konnte ich bei der Inszenierung nachspüren.“

Andreas M.


„Ich habe mich während der Inszenierung nicht gefürchtet, aber ein paar Tage später habe ich geträumt, dass eine Atombombe fällt, da bin ich zu meinen Eltern ins Bett gekrabbelt. Am Morgen, als ich aufwachte, war mein erstes Gefühl: „Ein Glück, dass es nicht passiert ist!“

Mila C. (11 Jahre)

„Bei Eurer Vorstellung hatte ich folgendes Erlebnis: Genau während der Atomkatastrophe kam ein älteres Ehepaar zu spät und stand im Zuschauerraum völlig ohne Sicht und verwirrt. Es brauchte einige Minuten des körperlichen Kontaktes, um die beiden Herrschaften zu ihren Stühlen zubringen. Das war echt eine krasse Spiegelung der Situation auf der Bühne.“

Jens-Uwe S.