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EINER VON EUCH SEIN

1933 bis 45- Kindheit und Jugend zwischen Mitmachen, Verweigern und Deportation

für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene

„Und da wurde mir plötzlich die Gedankenlosigkeit meiner ganzen Bemerkung klar. Der Kurt war Jude, er konnte gar nicht einer von uns sein.“

Bis zu diesem Tag sind Kinder zusammen auf die Schule gegangen, waren beste Freunde. Einen Tag später gibt es da einen Unterschied. Das sind die einen- und das sind die anderen.  

„…und auf einmal mußte man morgens, wenn man in die Schule kam, nicht mehr „guten Morgen“ sondern „Heil Hitler“ sagen.“

Und dann war da das Gebet an den Führer, statt dem Vater Unser.

„…und dann diese Uniform! Wenn man zur HJ ging- das war bewegend, wenn man so rum laufen konnte, man war ein ganz anderer Mensch- „Bin ich erstmal groß und nicht mehr klein, werd ich Soldat des Führers sein.““

Manche wären gern dabei gewesen. Der Hitlergruß- die ganze Klasse machte den- aber die jüdischen Schüler durften das natürlich nicht. Es war schrecklich, als einzige mit den Händen nach unten dazustehen.

„…der Bund deutscher Mädel, ich wollte unbedingt dahin, ich fand das wunderschön, weil da hat man schön am Lagerfeuer gesessen und gemeinsam Lieder gesungen- was ja auch wirklich schön sein kann- aber die Eltern haben es mir nicht erlaubt, weil die vielleicht schon damals wussten: es geht nicht um das Gefühl vom Wohlfühlen und von Freiheit…“

„…und die jungen Menschen sollen lernen, zu schweigen, nicht nur, wenn sie mit Recht getadelt werden, sondern sollen auch lernen, Unrecht schweigend zu ertragen.“ A.H.

Der bekannte Satz: Wer in der Demokratie einschläft, wacht in der Diktatur wieder auf. 

Was muss ich für ein Mensch sein, damit ich wach bleibe, widerständig bin, mir Widerstand traue? Muss ich von Menschen umgeben sein, die Widerstand leisten? Oder schaffe ich das auch alleine- als Einzige? 

Die Wahl haben. Sich was trauen. Das Risiko bewußt eingehen. Es vielleicht auch unterschätzen.

Und die anderen? Die Nachbarn. Die hatten diese Wahl gar nicht. Die wurden einfach abgeholt. „Da mußte man noch nicht mal gläubig sein, auch deine Eltern mußten noch nicht mal gläubig sein. Du wirst einfach abgeholt, deportiert und ermordet.“

Wie konnte den Nachbarn das entgehen? Es war ja kein Einzelfall. Das ging ja fast zwei Jahre lang so. Alle zwei Wochen wurden Menschen verschleppt. Wie konnten sie das nicht gesehen haben?

Jeder Mensch hat das Recht auf Leben- so steht es heute im deutschen Grundgesetz. Vielleicht müssen wir wachsam sein, nicht, daß das jemand irgendwann mal wieder abschaffen will oder sich nicht dran hält, nach dem Motto: weiß doch eh keiner, was im Grundgesetz steht.

„Ich wollte, ich könnte einer von euch sein.“ ist eine szenische Lesung auf Grundlage anonymisierter Zeitzeugenberichte. Geschichte hat mit dem Jetzt zu tun. Es gibt Sachen, die sind immer noch da. Die kommen immer wieder hoch.

Regie: Astrid Endruweit

Produktion: MindTheGap aka Susi Claus

Spiel: Susi Claus und Astrid Endruweit

Temporäres Denkmal: Stefka Ammon

Puppenbau: Judith Mähler

Gefördert durch das Bezirksamt Mitte von Berlin, Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Kunst, Kultur und Geschichte

„Herzliche Gratulation zu diesem gelungenen, berührenden und enorm wertvollen Stück! Ich bin nachhaltig bewegt. Ich habe mich zwar auch schon des Öfteren und intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt, dennoch hat mir der Abend gestern noch einige neue Aspekte eröffnet. Besonders für die Fragen, warum haben die alle damals mitgemacht, warum gab es so wenig Widerstand und so viel Begeisterung, etc. waren die präsentierten Originalzitate sehr erhellend. Denn es war (auch) damals schon sehr früh klar, worauf dieses faschistische Regime hinauslaufen wird. Aber der kleine Mann, die kleine Frau, haben sich trotzdem einlullen lassen von der Propaganda. Oder haben gedacht, es wird schon nicht alles so schlimm sein oder werden. Solche Fehleinschätzungen kenne ich auch aus den Erzählungen meiner Familie. 

Und genau das sind jetzt auch wieder die Meinungen von vielen, na wenn der oder die an die Macht kommt, wird es wohl nicht so schlimm werden… Wir sollten aber aus der Geschichte lernen. Wir sollten auf der Hut sein vor der wilden Propaganda, die gerade (wieder) unsere Gesellschaft vergiftet.

Und genau aus diesem Grund finde ich dieses Stück für den Moment ein enorm wichtiges, weil aufrüttelndes Zeugnis. In meinen Augen wäre es ein Gebot der Stunde, dieses Stück gerade jetzt, heute, hier – überall zu zeigen. Es wäre ein starkes Zeichen und würde (hoffentlich) viele zum Nachdenken bringen. Auch die künstlerischen Mittel, die ansprechende Puppen, das unaufgeregte Spiel, die Intimität der Szenen machen es künstlerisch äusserst wertvoll.“ 

Brigitta Soraperra, Regisseurin, Kulturvermittlerin TAK Theater Liechtenstein 

“Wider des Vergessens – DANKE für diese Produktion! Sie klingt immer noch nach. Ich finde es wichtig, die Inszenierung immer wieder zu zeigen, um die Menschen zu sensibilisieren und daran zu erinnern, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist. Ich gehe empowernt aus der Aufführung raus und nehme das Denkmal gedanklich mit. Ich möchte auch ein Denkmal setzen, jeden Tag aufs neue und für ein solidarisches Miteinander einstehen, denn wir sind viele jede*r Einzelne von uns.”  

eine Zuschauerin